10. November 2020
Tonnenschwer lagen sie auf der Wiese neben der Baustelle. In allen möglichen Formen und Größen bedeckten sie den Boden.
Tagelang konnte ich beobachten, wie die Rohbauer an ihnen gebogen, geflext und geschweißt haben.
Die Rede ist vom Bewehrungsstahl, den sogenannten Armierungseisen.
Noch bevor der Beton für die Bodenplatte, die Decke oder Wände gegossen werden, sind die Eisen so vorbereitet, dass sie sich im Inneren der gegossenen Platte befinden und die Verbindung mit den Wänden herstellen.
Stahl und Beton haben die gleichen thermischen Eigenschaften, deshalb sind sie wie geschaffen füreinander.
„Druckkräfte kann der Beton gut aushalten, aber wenn Zug- und Biegekräfte auf ihn einwirken, z.B. bei Temperaturschwankungen oder Erdbeben, dann reißt er. Es sei denn, der Beton hat in seinem Inneren ein Stahlgerüst“ so erklärte es mir der Polier und dann fügte er noch hinzu:
„Entscheidend ist aber, dass die Eisen an der richtigen Stelle eingebaut werden!“
Nachdenklich ging ich von der Baustelle. Dieser Gedanke lies mich nicht mehr los:
Es braucht ein inneres Gerüst. Es braucht ein Gerüst, das Zug- und Biegekräfte aushält, das trägt, auch wenn der Boden, auf dem du stehst, einmal beben sollte.
So werden mir diese Armierungseisen zum Gleichnis und zur Anfrage:
Was ist das innere Gerüst in unserem Wohnpark auf St. Chrischona?
Was ist es, das die Menschen, die hier oben leben und leben werden, verbindet und zusammenhält, wenn Zug- und Biegekräfte auftreten – und die wird es geben!
Es lohnt sich, diese Frage auch für das eigene Leben zu stellen:
Was hält meine Familie, Ehe, meine Freundschaften und Beziehungen im Innersten zusammen?
Risse und Brüchigkeiten spüren wir sehr fein und genau, noch bevor sie für andere sichtbar werden.
Auf die Frage, was einem Lebenshaus Halt gibt, würde Jesus angesichts unserer Wohnparkbaustelle vielleicht so antworten:
„Darum, wer diese meine Worte hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der in seinem Haus Armierungseisen verbaute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen, der Boden wacklig wurde, als die Winde wehten, Zug- und Biegungskräfte an dem Haus zerrten, fiel es doch nicht ein; denn es hatte ein inneres Gerüst. Und wer diese meine Worte hört und tut sie nicht, der gleicht einem törichten Mann, der sein Haus nur mit Beton baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen, der Boden wackelte und die Winde wehten, Zug- und Biegungskräfte an dem Haus zerrten, da rissen die Wände, der Boden, die Decke und es brach zusammen, denn es gab nichts, was sein Haus im Innersten zusammenhielt.“ (Nach Mt. 7, 24ff)
Armin Graf